Ein magischer Elfenwald

Der Wald war still, doch nicht leer. Jeder Atemzug der Bäume, jedes leise Schimmern der Pflanzen war Teil eines großen Ganzen. Inmitten der hohen Stämme, deren Kronen wie ein purpurnes Dach den Himmel umschlossen, lebten Wesen, die so alt waren wie die Erde selbst. Manche nannten sie Natur­elfen, andere sprachen von Riesen aus Licht und Stein. Doch wer diesen Ort betrat, verstand schnell: Hier gab es keine Namen, nur Sein.

Die Naturwesen bewegten sich kaum sichtbar, und doch war ihre Gegenwart überall. In den Blättern, die lautlos im Wind bebten. Den Wurzeln, die tief in die Erde reichten und ein Netz aus unsichtbaren Verbindungen bildeten. Im Funken des Lichts, das zwischen den Bäumen schwebten wie kleine Sterne, die zu Boden gefallen waren.

Wenn die Nacht kam, öffnete sich der Himmel. Milliarden von Sternen spannten sich über den Wald, und die Milchstraße lag wie ein schimmernder Fluss zwischen den Baumwipfeln. Das Universum sah zu, schweigend, aber nicht abwesend. Es war Teil dieses Waldes, so wie der Wald Teil des Universums war. Alles spiegelte sich in allem.

Ein Wanderer, verirrt und erschöpft, fand einst diesen Ort. Er glaubte, er sei allein, doch schon nach wenigen Schritten spürte er etwas, das größer war als er selbst. Die Elfen ließen sich nicht blicken, die Riesen zeigten kein Antlitz, und doch wusste er, dass er gesehen wurde. Nicht bewertet, nicht gemessen – nur wahrgenommen.

Er setzte sich auf den weichen Boden, neben ein Licht, das aus einer unscheinbaren Blüte strahlte. Da wurde ihm klar: Hier musste man nichts suchen, weil schon alles da war. Die Vögel, die in den Wipfeln schliefen. Die Insekten, die in kleinen Kreisen umherzogen. Die leuchtenden Pflanzen, die mehr Wärme ausstrahlten als jedes Feuer. Alles war genug, genauso, wie es war.

Als er den Wald wieder verließ, war nichts anders. Und doch war alles neu. Der Himmel über ihm funkelte noch immer, die Erde unter seinen Füßen trug ihn wie zuvor. Aber in seinem Inneren hatte sich etwas geöffnet, still, sanft – wie eine Blüte in der Nacht.

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