Der Garen aus Licht

Der Nebel lag schwer über dem Wasser, doch er war nicht grau, sondern durchzogen von Farben, die in sanften Wellen über die Oberfläche zogen. Jede Bewegung des Windes ließ das Licht tanzen – Blau, Purpur, Gold. Ich stand am Rand des Sees und wusste: Dies war kein Ort, den man einfach so findet. Er findet dich.


Magischer Waldsee bei Sonnenuntergang; leuchtende Pflanzen in Blau, Purpur und Gold; farbintensiver Himmel spiegelt sich im Wasser.

Der Garen aus Licht

Zwischen den Bäumen wuchsen Pflanzen, deren Blätter wie Kristall schimmerten. Manche trugen Blüten, die aussahen, als hätten sie das Licht der Sterne eingefangen. Auf der anderen Seite spiegelte sich der Himmel – nicht der Himmel, den ich kannte, sondern einer, der aus Flammen und Wolken bestand, als hätte ein Künstler seine kühnste Fantasie dort ausgebreitet.

Ich trat näher ans Ufer, und das Wasser schien mich zu erkennen. Es glitt zurück, gerade so weit, dass ich einen schmalen Streifen glatten Bodens betreten konnte. Jeder Schritt ließ kleine Lichter aufflackern, wie Funken, die aus der Erde stiegen.

Eine alte Geschichte fiel mir ein: Der Garten aus Licht sei ein Tor zwischen den Welten. Wer sein Spiegelbild im Wasser sehe und den Mut habe, hineinzutreten, würde nie wieder derselbe sein. Viele hielten das für eine Legende. Doch jetzt, da das Farbenspiel um mich pulsierte, erschien mir alles möglich.

Ich kniete mich hin und sah in die Tiefe. Mein Gesicht war umrahmt von schimmernden Pflanzen, und irgendwo dort unten flackerte ein weiteres Licht – größer, heller, lebendig. Es war, als rufe es mich. Für einen Herzschlag lang überlegte ich, ob ich die Hand ausstrecken sollte. Doch dann spürte ich, dass dieser Ort nicht genommen, sondern nur geteilt werden konnte.

Ich blieb, bis die Sonne – oder das, was hier als Sonne galt – am Horizont verschwand. Das Leuchten der Pflanzen wurde stärker, füllte den Wald mit einem sanften, beständigen Strahlen. Als ich ging, wusste ich, dass der Garten aus Licht mich nicht vergessen würde. Und tief in mir trug ich nun ein Licht, das nicht verlöschen konnte.

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