Wenn das erste Licht den Winter weckt
Der Morgen war frisch, klar und still, als die erste Adventssonne über den verschneiten Hügel stieg. Das Holzhaus im Tal schimmerte wie ein kleiner, warmer Anker im endlosen Weiß der Landschaft. Seine Fenster glühten golden, als hätte jemand das Licht darin mit liebevoller Absicht ganz tief aufgedreht.
Direkt davor stand der Baum – groß, würdevoll, bedeckt von weichen Schneeschichten. Und doch funkelten zwischen den Zweigen bunte Lichter, als würden Sterne im Geäst Ruhe finden.

Clara blieb stehen, als sie den Pfad entlangging. Sie war früh aufgebrochen, ganz bewusst. Dieses Jahr hatte alles in ihr nach Stille gerufen. Nach einem Moment, der nicht unterbrochen werden wollte. Nach einem Licht, das nicht erklären, sondern einfach sein durfte.
Ihr Atem stieg als kleine Wolke auf, während sie langsam näherkam. Die Kälte biss, aber sie fühlte es kaum. Der Anblick des Hauses, dieser Baum, der warme Rauch aus dem Kamin – all das wirkte wie ein Stück Erinnerung, das man lange verloren glaubte und plötzlich wieder in den Händen hält.
Als sie die Hand auf den hölzernen Gartenzaun legte, knirschte der Schnee leise unter ihren Stiefeln. Vom Haus her hörte man gedämpft das Knacken des Feuers. Der Duft von warmem Holz lag in der Luft. Die Lichter des Baumes begannen leise zu glitzern, als hätte der Winter selbst ein kleines Geheimnis für sie aufgehoben.
Clara schloss die Augen. Für einen Moment hörte sie nichts als die Stille. Eine Stille, die nicht leer war. Sondern voll. Voll von Wärme, von Ankommen und voll von einem Licht, das nicht laut erschien – und doch ihr Inneres berührte. Als sie die Augen wieder öffnete, war alles unverändert. Und trotzdem war etwas anders. Nicht draußen. In ihr.
Der 1. Advent hatte begonnen.
Mit einem einzigen, sanften Licht, das den Winter und das Herz zugleich weckte.
💖 Erinnerung zum Mitnehmen
Das erste Licht der Adventszeit muss nicht groß sein. Es reicht, wenn es dich wieder an das erinnert, was dich wärmt.
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