Ein Licht über den Dächern
Es war einer jener Morgen, an denen selbst das Atmen leiser wurde. Das Dorf lag unter einer Decke aus Schnee, so rein und still, dass jedes Geräusch, jedes Zucken des Windes wie ein Flüstern klang. Die Sonne stieg langsam über den Horizont, und ihr goldenes Licht brach sich in den kleinen Eisblumen an den Fensterscheiben. Rauch stieg aus den Schornsteinen auf, mischte sich mit dem Nebel, und für einen Moment schien es, als atme das ganze Dorf gemeinsam.

In einem der Häuser stand Anna am Fenster. Ihre Hände umklammerten eine Tasse Tee, die Wärme kroch langsam in ihre Finger. Sie dachte an die alte Frau Müller nebenan, deren Fenster schon seit Tagen dunkel geblieben waren. „Ich sollte vorbeischauen“, flüsterte sie, und noch bevor der Gedanke ganz gedacht war, hatte sie schon ihre Stiefel angezogen.
Draußen knirschte der Schnee unter ihren Schritten. Als sie klopfte, öffnete sich die Tür nur zögernd. Frau Müller, eingehüllt in eine Decke, lächelte schwach. Anna trat ein, brachte Brot, Suppe – und ein Stück Gesellschaft. Sie sprachen kaum, doch zwischen den Worten geschah etwas: das Unsichtbare, das Wärmende, das, was Herzen verbindet.
Später, als Anna nach Hause ging, sah sie das Licht in Frau Müllers Fenster wieder brennen. Ein kleines, goldenes Zeichen in der Stille des Winters.
Vielleicht, dachte sie, ist das die wahre Bedeutung dieser Zeit – nicht Geschenke, nicht Glanz, sondern das stille Hinsehen, das Handeln, wenn keiner zuschaut.
🌟 Erinnerung zum Mitnehmen:
Lass dein Licht nicht nur in der Vorweihnachtszeit scheinen. Wärme entsteht nicht durch Kerzen, sondern durch Herzen, die füreinander brennen – Tag für Tag, das ganze Jahr über. 💛
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