Bereit sein, ohne zu warten
Das Haus lag still im Schnee, als hätte es beschlossen, nichts mehr zu verlangen. Die Fenster leuchteten warm, nicht einladend im Sinne von komm, sondern beruhigend im Sinne von du bist schon da. Über dem Dach spannte sich der Himmel klar und weit, ein einzelner Lichtstreif zog lautlos hindurch.
Niemand zählte die Tage mehr. Niemand überprüfte Listen.
Der vierte Advent hatte nichts Drängendes an sich.
Drinnen war alles vorbereitet, ohne sichtbar vorbereitet zu sein. Holz knisterte im Kamin, Lichterketten brannten gleichmäßig, der Raum atmete. Es gab keinen Mittelpunkt mehr, keinen besonderen Ort, an dem man stehen musste. Alles war gleich wichtig — oder gleich unwichtig.
Draußen knirschte der Schnee unter langsamen Schritten. Jemand blieb stehen, sah zum Himmel, ließ den Atem los. Es war kein Wunsch da. Keine Bitte. Nur ein stilles Wahrnehmen dessen, was bereits da war.
Vielleicht ist das der Unterschied dieses Sonntags.
Die vorherigen Wochen hatten eingeladen, geöffnet, gesammelt.
Dieser Tag ließ einfach sein. Das Haus wartete nicht auf etwas Bestimmtes.
Es war bereit — ohne Erwartung.
Und genau darin lag seine Ruhe.
Die Lichter spiegelten sich im Schnee, der Baum draußen stand festlich, ohne sich zu präsentieren. Selbst der Himmel schien nicht mehr zu fragen, sondern nur noch zu halten.
Manchmal kommt nichts Neues. Und trotzdem verändert sich alles. Nicht, weil etwas beginnt — sondern weil nichts mehr fehlt.
💖 Erinnerung zum Mitnehmen
Bereit zu sein heißt nicht, auf etwas zu warten — sondern nichts mehr festhalten zu müssen.
Urheberrechtshinweis:
Das Bild sowie der dazugehörige Text dieser Kurzgeschichte sind jeweils eigenständige, urheberrechtlich geschützte Werke.
Jede Art der Nutzung, Vervielfältigung oder Weitergabe – ganz oder teilweise – ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung untersagt.
Contact: coma@matyus.at
Webseite: cornelia.matyus.at
