Wenn die Straße noch wartet
Die Straße war fast leer.
Nur der Schnee bewegte sich noch, fiel leise und gleichmäßig, als hätte er Zeit. Die Schaufenster warfen warmes Licht auf das Kopfsteinpflaster, und in den Fenstern standen Bäume, Kugeln, sorgfältig arrangierte Geschenke — bereit für Menschen, die gerade nicht da waren.
Es war einer dieser Abende, an denen nichts mehr erledigt werden musste.
Die Lichterketten spannten sich von Haus zu Haus, wie sanfte Bögen, die den Weg zusammenhielten. Kein Lärm, keine Stimmen. Nur das ferne Knacken von Holz aus einem der Häuser, irgendwo hinter einer Tür.
Jemand ging langsam die Straße entlang. Nicht suchend. Nicht eilend. Der Blick blieb an einem Schaufenster hängen. Ein kleiner Baum, schlicht geschmückt. Daneben Pakete in unterschiedlicher Größe. Dinge, die Bedeutung tragen sollten — und es manchmal auch taten. Doch heute ging es nicht darum, etwas mitzunehmen.
Es ging darum, noch da zu sein. Die Straße schien das zu wissen. Sie drängte nicht. Sie führte nirgendwohin, außer weiter nach vorne, Schritt für Schritt. Und selbst das war optional. Man hätte stehen bleiben können, ohne dass etwas gefehlt hätte.
Der Schnee legte sich auf die Kanten der Geschenke, auf Fensterbänke, auf die Zeit selbst. Alles wurde weicher. Vielleicht sind es genau diese Wege, die man sonst übersieht. Nicht die, die zum Ziel führen.
Sondern die, die einen noch kurz halten — zwischen draußen und drinnen, zwischen Tun und Sein. Die Straße wartete. Und das reichte.
💖 Erinnerung zum Mitnehmen
Nicht jeder Weg will, dass du ankommst — manche möchten nur, dass du noch einen Moment da bleibst.
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