Die Fäustlinge voller Wärme
Die Fäustlinge hingen noch feucht vom Schmelzschnee an der Leine, als Lina an diesem frühen Wintermorgen aus dem kleinen Holzhaus trat. Es war ihr Ritual im Dezember: Jeden Abend legte sie den Kindern im Dorf frische, selbstgestrickte Handschuhe bereit – und jeden Morgen hängte sie die getragenen Paare wieder auf, damit sie trocknen konnten.

Es war kein großes Projekt. Kein offizieller Akt der Wohltätigkeit. Nur ein kleines Zeichen von Wärme in einer kalten Jahreszeit.
An diesem Tag blieb sie einen Moment stehen und betrachtete die Handschuhe genauer. Vier rote Paare, jedes ein wenig anders gestrickt. Manche hatten kleine Schneeflockenmuster, andere einfache Linien. Und doch – alle trugen denselben Duft: Geborgenheit.
Auf dem verschneiten Zaun vor ihr saßen zwei kleine Wintervögel. Sie hüpften neugierig von Seite zu Seite, als würden sie die Fäustlinge bewachen. Ihre winzigen Klauen hinterließen Spuren im Schnee, und Lina lächelte über ihre Gesellschaft.
Im Hintergrund glühte das Holzhaus im warmen Licht des Kaminfeuers. Der Rauch stieg langsam in den Morgenhimmel, und leise Schneeflocken rieselten um sie herum. Alles war still. Nur die Welt selbst schien mit einem weichen Atemzug zu murmeln.
Lina dachte an die Kinder, die diese Handschuhe trugen. An ihre kleinen Finger, die im Schnee spielten. An ihre lauten Lacher, ihre roten Wangen, ihre strahlenden Augen.
Doch vor allem dachte sie an etwas anderes:
Wie oft vergaßen Erwachsene, dass Wärme nicht nur von Feuer, Decken oder Tee kam – sondern von Gesten. Von kleinen, stillen Momenten der Fürsorge, die niemand bejubelte, aber jeder spürte.
Wärme musste nicht groß sein. Sie musste nur ehrlich sein. Und als die Fäustlinge sanft im Wind schaukelten, wurde Lina klar:
Diese kleinen, roten Handschuhe wärmten nicht nur Kinderhände.
Sie wärmten ihr eigenes Herz gleich mit.
💖 Erinnerung zum Mitnehmen
Wärme entsteht nicht durch Größe, sondern durch Nähe – durch kleine Gesten, die mehr sagen als Worte.
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