Lichter über dem stillen See

Es war eine jener Nächte, in denen selbst das Schweigen glänzte. Der See lag zugefroren unter einem Himmel aus tanzenden Farben. Lichter über dem stillen See – Grüne und violette Schleier glitten über die Sterne, während am Ufer kleine Kerzen flackerten – jede einzelne ein Zeichen, das jemand in die Dunkelheit gestellt hatte.

Mara stand am Rand des Eises, die Hände tief in ihren Handschuhen vergraben. Sie hatte die Kerzen nicht allein entzündet – Menschen aus dem Dorf waren gekommen, einer nach dem anderen, leise, fast ehrfürchtig. Niemand sprach. Jeder stellte ein Licht auf den See, als wollte man damit sagen: Ich bin da. Auch wenn du mich nicht siehst, ich bin da.

Die Flammen spiegelten sich im Eis, im Wasser darunter, im Himmel darüber. Für einen Augenblick schien es, als würden Erde und Himmel dieselbe Sprache sprechen – die Sprache des Lichts.

Mara dachte an all die Menschen, die sie in diesem Jahr vermisste, an die, die fern waren, an jene, die Hilfe gebraucht hätten. Und sie wusste: Das hier war mehr als ein Ritual. Es war eine Erinnerung. Ein Versprechen.

Denn jedes Licht, das wir teilen, findet seinen Weg – in ein anderes Herz, in einen anderen Tag, in eine andere Nacht.

Und so stand sie da, unter den Nordlichtern, während ihre Augen brannten – nicht vor Kälte, sondern vor Wärme, die aus dem Innersten kam.


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